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PFAS im Oberland: Wo hier das Umweltgift die Menschen belastet.

Schädliche PFAS-Chemikalien sind allgegenwärtig und weiterverbreitet als gedacht: auch im Oberland wurden Orte aufgedeckt, an denen das Jahrhundertgift Boden und Wasser verseucht.

Lesedauer 6 Minuten
Quelle: ro/Marion Jetter
24.02.2023

Sie finden sich Pizzakartons, genauso wie in Backpapier oder Coffee-to-go-Bechern. Sie stecken in Milch, Fisch und Blattgemüse, aber auch im Teppich, Outdoorklamotten, Haarshampoo, Zahnseide und sogar Herzklappen. Sie gelangen über Löschschäume in die Böden, über Pflanzenschutzmittel auf die Felder, über Skiwachs in die Berge, und über Wind und Regen in den letzten Winkel der Erde. Die Rede ist von PFAS, sogenannte perfluorierte Alkylsubstanzen. Die von der Industrie breit genutzten Substanzen werden derzeit intensiv diskutiert, denn sie sollen einem Vorstoß zufolge in der EU weitgehend verboten werden.

PFAS – eine Ewigkeitschemikalie

Längst ist bekannt, dass PFAS, wenn sie einmal in die Umwelt gelangt sind, dort für eine Ewigkeit bleiben. „Sie können weder durch Wasser noch durch Licht oder Bakterien abgebaut werden.“ warnt das Umweltbundesamt.

Grund genug, endlich zu hinterfragen, welche Standorte in Deutschland belastet sind. Und auch in welchem Ausmaß. Laut einer kürzlich präsentierten Recherche von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR sind diese Giftstoffe an mehr als 1500 (!) Standorten in Deutschland zu finden. Einige, wie das Umland des Baden-Württembergischen Rastatt, waren keine große Überraschung: Hier wurde wohl bis 2008 mutmaßlich PFAS-belasteter Papierschlamm über die Felder verteilt. Doch andere Standorte und auch die hohe Anzahl waren dann doch überraschend, vielmehr beängstigend. Meist handelt es sich dabei um aktuelle bzw. ehemalige Bundeswehr-Standorte, auf welchen in der Vergangenheit PFAS-haltiger Löschschaum eingesetzt wurde. Doch auch Kläranlagen und Deponien sind betroffen, denn PFAS lässt sich nur schwer aus Abwässern herausfiltern. Hinzu kommen Industriebetriebe, wo mit PFAS kontaminierte Rohstoffe verwendet wurden oder werden. Dazu zählt die Textilindustrie, die Metallveredelung und auch Altpapier verarbeitende Betriebe. „Dabei gelangten die PFAS in Böden, Gewässer und ins Abwasser in der näheren Umgebung. Mit dem Regen können sie aus Böden ins Grundwasser oder in Bäche und Flüsse geschwemmt werden und von dort aus weiter ins Meer.“ warnt das Bundesumweltamt.

1500 Standorte in Deutschland, zwei Hotspots im Oberland

Die Süddeutsche Zeitung hat dazu eine interaktive Karte veröffentlicht. 

Dabei fällt auf, dass der Großteil der belasteten Standorte rund um den Oberrhein und im Ruhrgebiet sowie an der Elbe zu finden sind. Doch ein paar auch im Oberland. Und zwar Mittenwald mit einer „sehr hohen Belastung“ von 5333 ng/kg sowie Geretsried mit einer „hohen Belastung“ von 680 ng/kg. Sie zählen sogar zu den genannten Hotspots, wo eine Kontamination von mehr als 100 Nanogramm pro Liter Wasser bzw. pro Kilogramm Boden nachgewiesen werden konnte. Schongau und Peiting werden ebenfalls genannt, genaue Angaben zur Belastung fehlen hier jedoch. 

Diese Angaben decken sich mit den Veröffentlichungen des Bayerischen Staatsministerium für Umwelt- und Verbraucherschutz und der Bundeswehr vom September 2022. Hier wurden Fälle von PFAS-Belastungen in Bayern bestätigt und zusammengefasst, wer verantwortlich ist, welche Gewässer betroffen sind und wo die Aufarbeitung steht. Neben der Luttenseekaserne in Mittenwald wurde auch der ehemalige Flugplatz in Penzing (Landsberg) sowie der Peitinger Mühlbach und Geretsried genannt. 

PFAS – was steckt eigentlich dahinter?

Den Brunnen im Garten zum Gießen nutzen, unbeschwert das Wasser aus der Leitung trinken - werden diese Selbstverständlichkeiten in den genannten Regionen jetzt künftig zum Problem? So ganz genau kann das wahrscheinlich niemand beantworten, denn hier ist die Forschung auch noch am Anfang. 

Fakt ist: Insgesamt gibt es mehr als 4.700 PFAS, darunter die PFOS (Perfluoroktansulfonsäure) und PFOA (Perfluoroktansäure), die schon seit den 1950er Jahren produziert werden. Die Gefährlichkeit der Stoffe entdeckten Wissenschaftler erst viel später. Und auch werden PFAS aufgrund ihrer wasser-, fett- und schmutzabweisende Eigenschaften, für die Herstellung von Outdoor-Kleidung, Schuhen, schmutzabweisenden Teppichen, oder Bratpfannen verwendet.

Warum sind PFAS so gefährlich?

Weil diese Chemikalien so extrem stabil sind, lagern sie sich nicht nur in der Umwelt ab, sie gelangen früher oder später, also mit der Nahrung und dem Trinkwasser, in den menschlichen Körper. Also über den Verzehr von Fisch, Meerestieren, Eiern, Innereien oder regional angebauten Nahrungsmitteln, dort, wo die Böden besonders belastet sind. Dort werden sie nicht abgebaut, sondern lagern sich in Organen (z.B. der Leber oder Niere) oder den Blutproteinen an. Etliche PFAS gelten als giftig, krebserregend und können eine ganze Reihe verschiedener Gesundheitsschäden verursachen. Leberschäden, Nierenkrebs oder ein erhöhter Cholesterinspiegel zählen laut Europäischer Umweltagentur (EEA) dazu.

Grund zur Hoffnung gibt wiederum eine Studie der Bayerische Landesamt für Gesundheit aus dem Sommer 2022: Eine flächendeckende Aufnahme von PFAS über Trinkwasser oder Lebensmittel kann für die Bevölkerung in allen untersuchten Regionen ausgeschlossen werden – also auch den belasteten Gegenden. Trotzdem sind ihre Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt sind unkalkulierbar. Je mehr wir davon verwenden, desto höher werden die Konzentrationen in der Umwelt sein - im Wasser, im Boden, in Nahrungsmitteln und auch in unserem Körper." so die Warnung des Umweltbundesamts.

PFAS So erkennen Sie die giftigen Stoffe in Alltagsprodukten

Einweg-Pappbecher, Einweg-Verpackungen, Backpapier oder teflonbeschichtete Pfannen enthalten PFAS. Vielleicht lohnt es sich, darauf zu verzichten? Und wer eine neue Regenjacke kauft, sollte auf die Kennzeichnung "PFAS-frei" oder auch "PFC-frei" achten. Auch das Gütesiegel "Blauer Engel" ist ein Hinweis darauf, dass wenige Schadstoffe enthalten sind. Ob Kosmetikartikel oder Kinderprodukte giftiges PFAS enthält, ist für Verbraucher bislang oft nicht nachvollziehbar. Hier helfen Apps wie "ToxFox" oder "CodeCheck": Man scannt den Barcode ein und erhält eine Liste der schädlichen Inhaltsstoffe.

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